Dr. Carola Reimann
Vorstandsvorsitzende, AOK-Bundesverband, Berlin
Drei Fragen an Dr. Carola Reimann
Vorstandsvorsitzende, AOK-Bundesverband, Berlin
Das Ziel der Krankenhausreform ist die Modernisierung der Krankenhauslandschaft und die Verbesserung der Behandlungsqualität. Rechnen Sie noch mit einem Zustandekommen der Reform?
Ich stimme Karl Lauterbach zu, wenn er sagt: Diese Reform ist zu groß und zu wichtig, um zu scheitern. Alle Beteiligten sind sich einig, dass wir eine grundlegende Modernisierung der Krankenhauslandschaft brauchen. Es wird also eine Reform geben – die Frage ist nur: Bewirkt sie auch die dringend notwendigen Verbesserungen in der Behandlungsqualität der Patientinnen und Patienten und bei den Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten? Aus Sicht der AOK müssen die Strukturreformen und die Reform der Finanzierung bei der Umsetzung Hand in Hand gehen. Darauf werden wir auch weiter drängen. Denn sonst besteht die Gefahr, dass die notwendigen Qualitätsverbesserungen für die Menschen auf der Strecke bleiben.
Sie sind Partner des 18. Nationalen Qualitätskongress im November. Auf welche Themen freuen Sie sich, welche wollen Sie einbringen?
Wir freuen uns vor allem auf die Diskussionen zur Qualitätstransparenz im Krankenhaus-Bereich. Durch die Veröffentlichung des Bundes-Klinik-Atlas hat das Thema Qualitätstransparenz im Krankenhausbereich einen ganz neuen Schub bekommen. Das Wissenschaftliche Institut der AOK ist mit dem Verfahren zur Qualitätssicherung mit Routinedaten seit vielen Jahren Vorreiter auf diesem Gebiet und ermöglicht jetzt schon die valide Messung und den fairen Vergleich von Behandlungsergebnissen für eine Vielzahl von Operationen und Eingriffen. Diese machen wir im AOK-Gesundheitsnavigator öffentlich. Aktuelle Ergebnisse aus diesen Auswertungen werden wir auf dem Kongress vorstellen.
Das Besondere am Nationalen Qualitätskongress Gesundheit ist, dass wir hier die Qualitätsthemen mit den anderen gesundheitspolitischen Themen zusammenbringen. Der Kongress hilft dabei, dass die Themen Versorgungsqualität und Patientenorientierung auf der Agenda der gesundheitspolitischen Akteure bleiben.
Der Kongress steht unter dem Motto „Für ein resilientes Gesundheitswesen“. Eine schöne Vision oder ein erreichbares Ziel?
Ein resilientes Gesundheitswesen ist wichtig, das haben wir spätestens in der Corona-Pandemie gemerkt. Aber wir sollten in der Diskussion über das Thema nicht auf der Schlagwort-Ebene bleiben, sondern möglichst konkret werden. Handlungsbedarf sehen wir zum Beispiel bei der Neugliederung der Notfallversorgung, die der Bundesgesundheitsminister auch noch auf dem Zettel hat. Die Einrichtung von Integrierten Notfallzentren ist aus unserer Sicht der richtige Weg – aber nicht automatisch an jedem Krankenhaus mit Notfallstufe, sondern am tatsächlichen Bedarf der Bevölkerung orientiert. Die Finanzierung sollte aus unserer Sicht über ein eigenständiges Notfallversorgungsbudget erfolgen.
Wenn wir ein resilientes Gesundheitswesen wollen, müssen wir aber auch darauf achten, dass unser System bezahlbar bleibt und dass die Beitragszahlenden der GKV nicht über Gebühr belastet werden. Hier gab es zuletzt viele Entscheidungen zulasten der Versichertengemeinschaft – also der Arbeitgeber und Beitragszahlenden. Die Bundesregierung muss endlich ihrer Verantwortung gerecht werden, etwa bei der Bezahlung der Krankenkassen-Beiträge für die Bürgergeld-Beziehenden oder bei der Finanzierung des Transformationsfonds zur Modernisierung der deutschen Krankenhaus-Landschaft.