Dr. Klaus Reinhardt
Präsident, Bundesärztekammer, Berlin
- Niedergelassener Facharzt für Allgemeinmedizin in Bielefeld
- Seit 2005 ist er Vizepräsident der Landesärztekammer Westfalen-Lippe
- 2011 übernahm er den Vorsitz im Hartmannbund
- 2015 wurde er in den Vorstand der Bundesärztekammer gewählt
- Seit 2019 ist er Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages
- Er ist Ratsmitglied des Weltärztebundes
Drei Fragen an Dr. Klaus Reinhardt
Präsident, Bundesärztekammer, Berlin
Was erwarten Sie von der Krankenhausreform im Hinblick auf eine weitere Ambulantisierung der Medizin?
Die Krankenhausreform setzt bei der Ambulantisierung insbesondere auf die sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen. Diese haben durchaus das Potenzial, die Gesundheitsversorgung zu verbessern. Voraussetzung dafür ist aber, dass diese Einrichtungen eine nahtlose und qualitativ hochwertige Versorgung gewährleisten und Ressourcen effizient nutzen.
Das kann nicht ohne klare Vorgaben im Hinblick auf die personelle und technische Ausstattung funktionieren. Dafür braucht man ärztliche Expertise, und deshalb ist eine Beteiligung der Ärztekammern im Hinblick auf die weitere Planung und auf konkrete Standortentscheidungen unerlässlich. Gleiches gilt natürlich auch für die noch offenen Fragen bezüglich der ärztlichen Weiterbildung an den sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen.
Welche Rolle spielt Prävention heute in der deutschen Gesundheitspolitik, welche sollte sie spielen?
Von Ausnahmen wie der Früherkennungsdiagnostik abgesehen, haben wir im Bereich der Prävention in Deutschland eindeutig Nachholbedarf. Das betrifft vor allen Dingen verhältnis- und verhaltenspräventive Maßnahmen. Ein aktuelles Beispiel ist das Gesetz zur Beschränkung von Werbung für ungesunde Lebensmittel, die sich an Kinder und Jugendliche richtet. Die Ärzteschaft in Deutschland steht bereit für einen politischen Dialog über die Möglichkeiten zur Förderung der Salutogenese. Wir als Bundesärztekammer werden diesen Dialog unter besonderer Betonung des Health-in-All-Policies-Ansatzes führen.
Die Zukunft ist die personalisierte Medizin – „die Verbindung von ärztlicher Kunst mit künstlicher Intelligenz“. Worauf dürfen wir hoffen, was ist zu tun?
In den letzten Jahren haben methodologische Neuerungen zu medizinisch-wissenschaftlichen Fortschritten geführt, die unter anderem auf einer stärkeren Stratifizierung von Krankheiten durch Biomarker beruhen und mit Begriffen wie Präzisionsmedizin, individualisierter oder personalisierter Medizin beschrieben werden. Gleichzeitig stehen immer mehr Daten zur Verfügung, die immer besser verarbeitet und ausgewertet werden können. Das trägt dazu bei, dass wir Krankheiten immer besser diagnostizieren, vorbeugen und behandeln können.
Sicher ist, dass die Künstliche Intelligenz die Gesundheitsversorgung beeinflussen wird. Die Nutzung von KI-Technologien erfordert eine sorgfältige Abwägung insbesondere von Datenschutz, Sicherheit und Verantwortlichkeit. Die Anwendung moderner KI-Systeme darf die menschliche, individuelle, persönliche Zuwendung nicht ersetzen. Nun gilt es, national wie auch auf europäischer Ebene den Wandel zu gestalten, um eine vertrauenswürdige Verwendung von KI-Systemen in der Medizin zu gewährleisten – eine Forderung, die der diesjährige Deutsche Ärztetag bestätigt hat.