Dr. Peter Gausmann
Ecclesia Gruppe, Detmold
Drei Fragen an Peter Gausmann
Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat den „Global Patient Safety Action Plan 2021-2030“ veröffentlicht. Worum geht es konkret?
Mit dem Aktionsplan fordert die WHO alle, die eine Funktion im Gesundheitssystem wahrnehmen, auf, die 20er Jahre zu nutzen, um „eine Welt zu gestalten, in der niemandem im Rahmen der Gesundheitsversorgung
Schaden zugefügt wird und jede Patientin/jeder Patient jederzeit und überall eine sichere und respektvolle Versorgung erhält“. Das ist ambitioniert. Wir kennen aber unsere Problemzonen, die sog. voll vermeidbaren Risiken oder Never Events. Der Aktionsplan skizziert 7 Handlungsfelder für die Weiterentwicklung der Patientensicherheit. Er eignet sich als Maßstab oder Kompass für Gesundheitseinrichtungen: Wo stehen wir, wo müssen wir hin? Zu den Forderungen gehört auch, unsere Gesundheitseinrichtungen zu Hochzuverlässigkeits-organisationen zu entwickeln.
In Ihrem Forum auf dem Qualitätskongress wollen Sie die Auswirkungen des Aktionsplans auf einzelne Handlungsfelder diskutieren. Wo sind wir gut und wo sehen Sie noch verstärkten Handlungsbedarf?
Ich möchte beim Qualitätskongress Referent*innen aus 3 klinischen Handlungsfeldern ein Forum bieten, um darzustellen, ob und wenn ja, wie hilfreich der Aktionsplan der WHO für ihre Arbeitswelt ist. Dieser hat ohne Frage seine Berechtigung. Unsichere Handlungen stellen nach wie vor eine der Hauptursachen für Behandlungs- und Pflegefehler dar. Und ein Großteil der daraus entstehenden Schäden sind vermeidbar. Aber wir kennen das doch: es werden mit großem Aufwand nationale und internationale Konzepte entwickelt, die bei den Praktikern nicht ankommen.
Um „Hochzuverlässigkeit“ geht es auch beim „HRO Award“, den Sie erstmals mit der Ecclesia Gruppe und der Gesundheitsstadt Berlin auf dem Qualitätskongress vergeben. Wer kann sich bewerben und was sind die Kriterien?
Selbstverständlich haben wir schon heute in unseren Versorgungsstrukturen Hochzuverlässigkeitsorganisationen. Die Behandlung eines Patienten mit dem Verdacht auf einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt, die Durchführung einer Kaiserschnittentbindung im Notfall bei Geburtsstillstand oder die Erstversorgung eines polytraumatisierten Patienten in der zentralen Notaufnahme - in all diesen Prozessen ist ein Höchstmaß an Zuverlässigkeit erforderlich und in der Regel auch gewährleistet. Die Teams, die diesen Job machen - 24/7, hochprofessionell - können und sollen sich bewerben. Es geht uns nicht um die Auszeichnung von Innovationen, um KI-Projekte oder gelungenen Marketingstrategien, es geht uns um die Auszeichnung und Wertschätzung derjenigen, die jeden Tag einen hervorragenden Job machen.
Teams die sich bewerben, sollten Zuverlässigkeit über einen längeren nachweisen können, sie sollten Erfolge und Misserfolge kontinuierlich evaluieren, die Maßnahme sollte relevant sein für häufig wiederkehrende Prozesse, sie sollten nachweisen können, dass sie durch Training und Qualifikation ihr Team widerstandsfähig machen und sie sollten darlegen, wie sie ihre Maßnahme als Merkmal einer unternehmensweiten Sicherheitskultur etablieren konnten.
HRO Award: Infos und Bewerbung